Informationen zu den Gerichtsstrukturreformplänen in Schleswig-Holstein.
Letzte Aktualisierung: 03.07.2025
Die Landesregierung hat im Zuge der notwendigen Haushaltskonsolidierung beschlossen, eine Fachgerichtsstrukturreform durchzuführen und eine Amtsgerichtsstrukturreform zu prüfen. Damit wird das Ziel verfolgt, Gerichte auch zukünftig effizient betreiben und finanzieren zu können. Zwischen der Amtsgerichtsstrukturreform und der Fachgerichtsstrukturreform wird unterschieden.
Ministerin von der Decken: Schulterschluss mit der Justiz für angepasste Fachgerichtsstrukturreform
Zur Fachgerichtsstrukturreform hatte Justizministerin von der Decken am 19. November 2024 gemeinsam mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Obergerichte ein angepasstes Konzept vorgestellt. Zuvor hatte die Ministerin die mit den Präsidentinnen und Präsidenten geeinten Pläne dem Kabinett präsentiert, das den Bericht zustimmend zur Kenntnis nahm. Vorher hatte sich das Justizministerium mit den Beteiligten über mehrere Wochen intensiv zu den Reformplänen ausgetauscht und unter Berücksichtigung dieser Rückmeldungen gemeinsam mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Obergerichte ein angepasstes Konzept entwickelt.
Anlässlich der Vorstellung des angepassten Konzepts am 19. November 2024 betonte Ministerin von der Decken: „Mein Dank gilt ausdrücklich allen Beteiligten für den konstruktiven Austausch, um den ich gebeten hatte. Die Justiz hat Verständnis, dass wir angesichts der sehr ernsten Haushaltslage nachhaltig zur Konsolidierung beitragen müssen. Das nun gemeinsam entwickelte angepasste Konzept einer Fachgerichtsstrukturreform führt zu Flächeneinsparungen und Effizienzsteigerungen. Gleichzeitig ermöglichen neue Gerichtsstrukturen weiterhin eine Präsenz der Fachgerichtsbarkeit in der Fläche.“, so von der Decken. „Das angepasste Konzept ist eine Lösung, die eine Konzentration von Standorten mit guter Erreichbarkeit der Fachgerichte verbindet.“, erläuterte die Ministerin. Es sei zudem vielversprechend im Hinblick auf das notwendige Einsparvolumen.
Das in Abstimmung mit den Beteiligten aus der Justiz erstellte Konzept der Fachgerichtsstrukturreform setzen die Beteiligten derzeit vor Ort um bzw. bereiten die Umsetzung vor. Im Kern beinhaltet die Reform, dass verschiedene, in eigenen Gebäuden untergebrachte Fachgerichte gerichtsbarkeitsübergreifend – also unter Einbeziehung der ordentlichen und der Verwaltungsgerichtsbarkeit – in bestehende Liegenschaften anderer Gerichte umziehen und damit größere Organisationseinheiten entstehen. So können Synergien bei Gebäuden und Personal erreicht werden und zugleich die Präsenz der Fachgerichtsbarkeiten in der Fläche erhalten bleiben. Einige der bisherigen Sozial- und Arbeitsgerichte sollen in Zweigstellen bzw. auswärtige Kammern umgewandelt werden.
„Die Fachgerichtsbarkeiten gehen davon aus, dass auch ohne eine Konzentration an einem einzigen Standort erhebliche Einsparungen erreicht werden können. Dass die Fachgerichtsbarkeiten – teilweise in anderer Struktur – mit dem angepassten Konzept weiterhin in der Fläche präsent bleiben, ist für alle Rechtsuchenden sowie für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine gute Nachricht.“, betonten die Präsidentinnen und Präsidenten der Obergerichte, Dr. Dirk Bahrenfuss (PräsOLG), Birgit Voß-Güntge (Präs’inLSG), Maren Thomsen (Präs’inOVG), Wulf Benning (PräsLAG) und Dr. Birger Brandt (PräsFG) anlässlich der Vorstellung des Konzeptes. Gleichzeitig werden in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit jeweils Standorte als eigenständige Einheiten aufgelöst und in größeren Einheiten zusammengefasst. Zudem werden auch Standorte verlagert, was mit Umzügen in eine andere Sitzgemeinde verbunden ist. Für diese Struktur- und Standortveränderungen ist eine Anpassung des Landesjustizgesetzes erforderlich. Das Justizministerium hat Anfang Juli den Entwurf des Reformgesetzes dem Landtag für das parlamentarische Verfahren zugeleitet, nachdem das Landeskabinett dem Gesetzentwurf in zweiter Befassung zugestimmt hatte. Den Gesetzentwurf finden Sie hier. Neben diesen Änderungen werden verschiedene Gerichte innerhalb einer Sitzgemeinde zusammenziehen. Hierfür ist keine gesetzliche Regelung notwendig.
Die Fachgerichtsstrukturreform beinhaltet unter anderem:
Die Fachgerichtsstrukturreform besteht aus zwei Säulen. Einerseits werden verschiedene Gerichte innerhalb einer Sitzgemeinde zusammenziehen. Hierfür ist keine gesetzliche Regelung notwendig. Als zweite Säule sollen in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit jeweils Standorte als eigenständige Einheit aufgelöst werden und teilweise als unselbständige Zweigstellen im Fall der Sozialgerichte bzw. als auswärtige Kammern im Fall der Arbeitsgerichte bestehen bleiben. Hierfür bedarf es gesetzlicher Änderungen.
Die beiden geplanten Fachgerichtszentren werden auf die Obergerichte beschränkt. Das erste Fachgerichtszentrum soll in Schleswig (im Gebäude des Oberverwaltungsgerichts) entstehen und das Oberverwaltungsgericht und das Landessozialgericht umfassen. Das zweite Fachgerichtszentrum soll in Kiel (im Gebäude des Amtsgerichts) entstehen und das Finanzgericht und das Landesarbeitsgericht umfassen.
Auf Ebene der erstinstanzlichen Gerichte soll eine Reduktion auf jeweils zwei Gerichte mit jeweils einer Zweigstelle (Sozialgerichtsbarkeit) bzw. auswärtigen Kammer (Arbeitsgerichtsbarkeit) an einem weiteren Ort erfolgen. Damit bleibt in jeder Gerichtsbarkeit eine Präsenz weiterhin an vier Orten gewährleistet. Durch die organisatorische Zusammenfassung kann zugleich das angestrebte Ziel einer Flexibilisierung des Personaleinsatzes erreicht werden.
Zudem sieht die Fachgerichtsstrukturreform weitere gemeinsame gerichtsbarkeitsübergreifende Gebäudenutzungen vor. Es soll insgesamt zu einer Konzentration von 17 auf 10 Gebäude kommen. Wesentliche Kosten- und Flächeneinsparungen sollen so erreicht bleiben. Dies erfolgt auch vor dem Hintergrund der Zielsetzungen zu Flächeneinsparungen des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes.
Nach dem Gesetzentwurf wird lediglich der Arbeitsgerichtsstandort Neumünster aufgegeben. Sein Bezirk wird dem Arbeitsgericht Kiel zugelegt. Der Arbeitsgerichtsstandort Elmshorn wird – als auswärtige Kammer des Arbeitsgerichts Lübeck – nach Itzehoe in das Gebäude des dortigen Sozialgerichts verlagert. Das Arbeitsgericht Flensburg wird aufgelöst und organisatorisch als auswärtige Kammer des Arbeitsgerichts Kiel geführt. Ein Umzug des Arbeitsgerichts Flensburg in das Gebäude des Amts- und Landgerichts Flensburg ist – unabhängig von der organisatorischen Änderung – bereits erfolgt. Sowohl die Sozial- als auch die Arbeitsgerichtsbarkeit sind damit weiterhin in jedem der vier Landgerichtsbezirke präsent.
Fragen und Antworten zur Gerichtsstrukturreform
1) Allgemeine Fragen und Antworten
Warum gibt es eine Gerichtsstrukturreform?
Vor dem Hintergrund der globalen Krisen und weltweiten wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist die Notwendigkeit zur Haushaltskonsolidierung auch in Schleswig-Holstein noch einmal gestiegen. Alle Ressorts innerhalb der Landesregierung müssen dazu beitragen. Die Einsparungen in der Justiz sollen unter anderem durch Veränderungen bei den Gerichtsstrukturen erbracht werden. Durch die Zusammenlegung von Gerichtsstandorten werden Einsparungen und Synergieeffekte erzielt, ohne im jetzigen Haushalt beim Personal sparen zu müssen. Darüber hinaus wird die Justiz angesichts veränderter Verhandlungsprozesse insbesondere im Zuge der Digitalisierung zukunftsfähig aufgestellt. Die Alternative wären Stelleneinsparungen im Bereich der Rechtsprechung in größerem Umfang gewesen. Durch die jetzige Entscheidung kann jedoch am Ziel einer Vollausstattung in diesem Bereich („Pebb§y 100“) festgehalten werden.
Was wurde beschlossen?
Die Landesregierung hat am 24. September 2024 im Zuge der Haushaltskonsolidierung beschlossen, die Justizministerin zu bitten, zum einen eine Fachgerichtsstrukturreform (Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit) durchzuführen und zum anderen die Amtsgerichtsstrukturen zu prüfen.
2) Fragen und Antworten zur Fachgerichtsstrukturreform
2) Fragen und Antworten zur Fachgerichtsstrukturreform
Wie sah die ursprüngliche Idee zur Fachgerichtsstrukturreform aus?
Nach dem Modell erster und zweiter Instanz sollte die Sozial- und Arbeitsgerichtsbarkeit an einem Standort in Schleswig-Holstein konzentriert werden. In dem anzumietenden Gebäude sollte darüber hinaus mindestens ein Verhandlungssaal für große Strafverfahren enthalten sein.
Wie kommt es, dass zur Fachgerichtsstrukturreform ein angepasstes Konzept entwickelt wurde?
Ministerin von der Decken hatte die Justiz von Anfang an um konstruktive Stellungnahmen gebeten. Im Rahmen eines daraufhin entstehenden Austausches haben die Präsidentinnen und Präsidenten der Obergerichte gemeinsam mit dem Justizministerium lösungsorientiert ein angepasstes Konzept für eine Fachgerichtsstrukturreform entwickelt. Dieses trägt den geäußerten Bedenken an einen möglichen Rückzug aus der Fläche Rechnung, führt aber ebenfalls zu deutlichen Einsparungen.
Ist bei dem angepassten Konzept auch die Möglichkeit mitgedacht, ein Justizzentrum – also mindestens einen Verhandlungssaal für sehr große Verfahren – bereitzustellen?
Im angepassten Konzept ist kein Justizzentrum vorgesehen – es ist darin keine Anmietung eines neuen, großen Gebäudes geplant. Allerdings soll das Ziel der Schaffung eines Justizzentrums damit nicht aufgegeben werden. Vielmehr soll weiterhin geprüft werden, wie ein solches geschaffen werden kann.
Welche Schritte sind zur Umsetzung der Fachgerichtsstrukturreform bereits eingeleitet worden? Wie geht das Verfahren zur Fachgerichtsstrukturreform weiter?
Das Konzept besteht aus zwei Säulen: Einerseits werden verschiedene Gerichte innerhalb einer Sitzgemeinde zusammenziehen. Hierfür ist keine gesetzliche Regelung notwendig. Diese Umzüge werden derzeit geplant und sind teilweise bereits umgesetzt. Die Akteure vor Ort gestalten und organisieren derzeit die notwendigen Schritte.
Andererseits werden Standorte als eigenständige Einheiten aufgelöst werden und teilweise als unselbständige Zweigstellen im Fall der Sozialgerichte beziehungsweise als auswärtige Kammern im Fall der Arbeitsgerichte bestehen bleiben. Hierfür bedarf es einer Gesetzesänderung. Der entsprechende Gesetzesentwurf hat nach einer ersten Kabinettsbefassung Ende Januar 2025 das Beteiligungsverfahren durchlaufen.
Anfang Juli 2025 hat das Kabinett in zweiter Befassung dem Gesetzentwurf zugestimmt. Im weiteren Verlauf wird der Landtag hierüber im parlamentarischen Verfahren entscheiden.
3) Fragen und Antworten zur Amtsgerichtsstrukturreform
Wie ist das Vorgehen in Bezug auf die Amtsgerichtsstrukturreform?
Derzeit steht die Fachgerichtsstrukturreform im Vordergrund. In Bezug auf die Amtsgerichte ist gemeinsam mit der Justiz ein Prozess auf den Weg gebracht worden, um bis Ende 2025 ein Konzept zu erarbeiten. Hierzu hat sich ein Lenkungsausschuss mit den sieben Präsidentinnen und Präsidenten der Präsidialamtsgerichte, der Landgerichte und des Oberlandesgerichts sowie dem Justizstaatssekretär als Vorsitzendem gebildet. Mit beratender Stimme nehmen jeweils benannte Vertreter des Hauptrichterrates, des Hauptpersonalrates und der Hauptschwerbehindertenvertretung sowie die Gleichstellungsbeauftragte der Justiz teil. Verbände werden in Videokonferenzen über den Stand im Lenkungsausschuss informiert.
Wie sieht der Prüfprozess zur Amtsgerichtsstrukturreform aus?
Der Lenkungsausschuss wird eine Empfehlung zur Amtsgerichtsstrukturreform erarbeiten. Dieser hat dazu eine vorbereitende Projektgruppe eingesetzt, die mit Justizmitarbeitenden aus allen Dienstgruppen und aus einer Vielzahl von Standorten besetzt ist. Die Mitglieder der Projektgruppe stammen unter anderem aus Standorten, um die es bei der Überprüfung geht. Derzeit arbeitet die Projektgruppe an der Vorbereitung der Empfehlung. Die Projektgruppe hat Vertraulichkeit vereinbart, damit die Mitglieder unbefangen verschiedene Lösungen prüfen können und eine sachorientierte Arbeitsfähigkeit gewährt ist.
Wer entscheidet über die Amtsgerichtsstrukturreform?
Mögliche Änderungen oder Schließungen von Standorten im Rahmen der Amtsgerichtsstrukturreform werden das Ergebnis einer gesetzgeberischen Entscheidung des schleswig-holsteinischen Landtages sein, die auf einer Empfehlung des Lenkungsausschusses basiert. Sie werden also nicht von der Projektgruppe oder dem Lenkungsausschuss beschlossen. Denn für die Umsetzung einer Amtsgerichtsstrukturreform ist in jedem Fall eine Änderung des Landesjustizgesetzes erforderlich. Wie üblich, wird eine Bewertung der maßgeblichen Kriterien daher im Rahmen dieser Entscheidungsfindung und des parlamentarischen Verfahrens in einem transparenten Prozess unter weiterer Beteiligung auch der Verbände und Kommunen sichergestellt werden. Bevor gesetzgeberische Entscheidungen getroffen werden, werden somit alle Akteure, darunter auch die Standort-Kommunen sowie der Landtag, über die Empfehlungen transparent informiert werden und es wird die Möglichkeit zur Stellungnahme geben.
Wann wird die Amtsgerichtsstrukturreform umgesetzt?
Eine Umsetzung der Änderungen im Rahmen der Amtsgerichtsstrukturreform wird frühestens ab 2029 erfolgen. Aufgrund dringender Entscheidungsbedarfe – zum Beispiel aufgrund von Renovierungsbedarfen/baulicher Belange oder auslaufender Mietverhältnisse – kann es jedoch sein, dass einzelne Standortfragen schon vorab entschieden werden müssen.
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